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Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt

Das Buch ist eine Leseempfehlung für alle, die sich für Verhaltensökonomie interessieren. Ich habe in diesem Beitrag ein paar der 50 spannende Fakten aus dem Buch für Sie aufbereitet.


Der menschliche Faktor

In seinem wissenschaftlich fundierten und lebendig erzählten Buch untersucht Matthias Sutter an diversen Beispielen den menschlichen Faktor als feste Grösse im Berufsalltag.


Matthias Sutter ist Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn und leitet dort die Experimental Economics Group und lehrt an den Universitäten Köln und Innsbruck typisch menschliche Verhaltensweisen im Berufsleben, von der Jobsuche bis zur Führung.


In seinem Buch liefert er überraschende Erkenntnisse und räumt mit Vorurteilen wie dem der unterqualifizierten Quotenfrauen auf.


Gleich und gleich gesellt sich gerne

Menschen schätzen das, was ihnen ähnlich ist, positiver ein als das, was ihnen fremd ist. So werden Männer und Frauen, die sich im deutschsprachigen Raum auf eine neue Stelle bewerben, deutlich seltener zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn sie einen türkischen Namen haben. Das ergab eine Forschungsarbeit der Universität Linz, für die 1500 Bewerbungen auf Stellenanzeigen untersucht wurden. Eine fiktive Sandra Bauer wurde in 19 Prozent der Fälle zu einem Gespräch eingeladen, eine Meryem Öztürk nur in 14 Prozent der Fälle – obwohl Vita und Foto des Lebenslaufes identisch waren. Trug Frau Öztürk auf dem Bewerbungsfoto ein Kopftuch, sank die Wahrscheinlichkeit einer Einladung auf nur noch 4 Prozent.


Mehr Frauen in Personalauswahlgremien können oftmals zum Nachteil für Bewerberinnen werden – warum das?

In vielen Fällen stellt die Anwesenheit von Frauen in Auswahlkommissionen eine besondere Herausforderung für Bewerberinnen dar. Obwohl weibliche Kommissionsmitglieder Kandidatinnen tendenziell besser bewerten als ihre männlichen Kollegen, gleicht sich dies aus, da Männer Bewerberinnen deutlich schlechter beurteilen, wenn auch Frauen im Gremium sitzen. Zusätzlich schneiden Frauen in Vorstellungsgesprächen schlechter ab, wenn Männer sie bewerten und der Frauenanteil in Führungspositionen des Unternehmens bereits hoch ist.


Doch die Benachteiligung von Frauen ist allgemein keineswegs auf ihre Fähigkeiten zurückzuführen. Dies zeigt sich bei Bewerbungsverfahren für Orchestermitglieder, bei denen das «blinde» Vorspielen immer populärer wird. In diesem Verfahren beurteilt das Gremium die Kandidatinnen und Kandidaten ausschliesslich nach ihrem musikalischen Können, ohne sie zu sehen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen in die nächste Runde gelangen, um etwa 50 Prozent.


Geschlecht und Körpergrösse in der Jugend beeinflussen das Gehalt.

Männer verdienen weltweit mehr als Frauen, wobei nicht nur Ausbildung und Kindererziehung eine Rolle spielen, sondern auch Gehaltsverhandlungen. Männer verhandeln häufiger als Frauen, was lebenslange Auswirkungen haben kann, da das erste Gehalt als Referenzpunkt dient. Wenn in Stellenanzeigen darauf hingewiesen wird, dass das Gehalt verhandelbar ist, verhandeln jedoch ebenso viele Frauen wie Männer. Frauen sind in der Tat in Gehaltsverhandlungen häufig zurückhaltender, das erlebe ich seit über 20 Jahren.


Teil der Gehaltsunterschiede entsteht durch forschere Gehaltsverhandlungen von Männern.

Die Annahme, dass Quotenregelungen unqualifizierte Frauen bevorzugen, ist empirisch nicht belegt. Studien zeigen, dass besonders qualifizierte Frauen im Wettbewerb mit anderen Frauen wettbewerbsfreudiger werden, was Quotenregelungen fördern könnte.


Unterqualifizierte Quotenfrauen sind ein Mythos.


Grösse macht den Unterschied

Es ist bekannt, dass grosse Männer mehr verdienen als kleine, wobei nicht die aktuelle Grösse, sondern interessanterweise die Körpergrösse im Teenageralter entscheidend ist. Grössere Jugendliche haben tendenziell mehr soziale Aktivitäten und Kontakte, was Teamfähigkeit, Ausdauer und Kompromissbereitschaft fördert. Diese in der Jugend erworbenen Fähigkeiten tragen zu einer besseren Bezahlung im Erwachsenenalter bei, da sie für Führungspositionen wichtig sind.


Missstände

Missstände in Unternehmen sind schwer aufzudecken, weil sie sich oft langsam entwickeln und Kritiker mit vielen Nachteilen zu kämpfen haben. Fehlverhalten in Unternehmen kann lange Zeit unentdeckt bleiben, vor allem wenn es sich über längere Zeiträume einschleicht. Das derzeitige Verhalten wird eher als ethisch vertretbar eingeschätzt, wenn es dem Verhalten in den vergangenen Jahren ähnlich ist. Nach dem Motto: Was gestern noch in Ordnung war, kann heute nicht falsch sein. Diese Tendenz macht es schwer, Fehlverhalten zu erkennen, wenn es sich sukzessiv verfestigt hat. Aber nicht nur wegen dieser Trägheit fliegen Skandale, wie der um manipulierte Abgasanlagen bei Audi oder VW oft nicht oder erst zu spät auf.


Selbst wenn zahlreiche Mitarbeitende davon wissen, hält die Loyalität dem Unternehmen gegenüber davon ab, Fehlverhalten öffentlich zu machen. Hinzu kommt, dass Unternehmen viel dafür tun, eine Aufdeckung zu verhindern.


„Wenn unmoralisches Verhalten über einen längeren Zeitraum nur jeweils in geringem Ausmass zunimmt, ist seine Aufdeckung besonders schwierig“.

Whistleblowing kann helfen, Missstände aufzudecken, aber es hat seinen Preis

Zum einen haben Whistleblower oft keine Zukunft mehr in ihrer Firma. Meist sind sie aber auch in anderen Unternehmen nicht willkommen. Ein Experiment zeigte, dass Mitarbeitende, die Fehlverhalten melden, weniger gerne in Arbeitsgruppen aufgenommen und integriert werden. Zudem haben bekannte Whistleblower in hoher Zahl grosse Mühe, eine neue Anstellung zu finden, dazu gibt es auch in der Schweiz einige traurige Beispiele.


So gesehen zahlt sich Ehrlichkeit nicht aus. Viele Unternehmen haben daher anonyme Hinweissysteme eingeführt. Die haben jedoch einen bedeutenden Nachteil: Sie werden nicht selten genutzt, um Kollegen oder Kolleginnen ungerechtfertigt anzuschwärzen, etwa um eigene Beförderungschancen zu verbessern.


Das Buch der menschliche Faktor gibt spannenden Einblicke und ist meiner Ansicht nach eine klare Leseempfehlung für HR Fachpersonen und interessierte Kreise.

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